Pferde sind wie kaum eine andere Tierart auf ein funktionierendes Gelenksystem angewiesen. Als Fluchttiere sind sie fast immer in Bewegung, nehmen abrupte Tempowechsel und extreme Wendungen vor oder bleiben unvermittelt stehen.
Ein perfekt funktionierendes Zusammenspiel von Sehnen, Bändern, Gelenken und Muskeln ist die Voraussetzung für die geschmeidigen Bewegungsabläufe unserer Pferde und ermöglicht extreme Belastungen ohne Verletzungen.
Überall wo zwei Knochen aufeinandertreffen, werden diese durch ein Gelenk miteinander verbunden. Alle Gelenke bestehen aus Gelenkkapsel, Gelenkspalt und Gelenkknorpel. Damit die Enden der beiden Knochen nicht aneinander reiben, sind diese mit einer Knorpelschicht überzogen. Das Knorpelgewebe besteht aus Wasser, Hyaluroansäure, Kollagen und Proteinen sowie Knorpelzellen. Es gehört innerhalb des Körpers zum Komplex der Bindegewebsarten, ist fest und biegungselastisch. Der Knorpel in Kombination mit der Gelenksflüssigkeit puffert den ankommenden Druck bei der Bewegung ab und verteilt ihn auf die beteiligten Knochen. Zwischen den Knochenenden befindet sich der Gelenkspalt, der mit Synovia (Gelenksflüssigkeit) gefüllt ist. Diese besteht aus Hyaluronsäure und wichtigen Aminosäuren und wird innerhalb der Gelenkkapsel von der Gelenkshaut, der Synovialis produziert. Die Synovia verfügt über eine hohe Viskosität, damit die Gelenkflächen reibungslos gleiten können. Gleichzeitig versorgt sie den Knorpel mit Nährstoffen wie Hyaluronsäure und wichtigen Aminosäuren.
Verursacht durch eine Störung des Stoffwechsels beim Pferd im Jugendalter (Osteochondrose) kommt es zu Wachstums- und Durchblutungsstörungen des Knorpels. Das Knorpelgewebe wird nicht ausreichend versorgt, weshalb sich sogenannte Knorpelschuppen ablösen, die im Laufe der Zeit verkalken und im Röntgenbild als kleine Knochensplitter sichtbar sind. Der Chip wird auch „Gelenksmaus“ genannt. Es ist zwar möglich, diese Absplitterungen operativ zu entfernen, aber in den vielen Fällen vermeidbar, da die Chips nicht immer Schmerzen und Lahmheiten hervorrufen. Bei jungen Pferden lösen sich die Chips häufig von selbst wieder auf. Die Chips können aber permanente Reizungen und Entzündungen im Gelenk herbeiführen. In diesen Fällen ist eine minimal-invasive Operation in Form einer Arthroskopie möglich. Haben sich die Chips zwischen zwei Gelenkflächen verkeilt, müssen sie zwingend entfernt werden, da sie chronische Gelenkerkankungen wie Arthrose auslösen können.
Zysten sind mit Flüssigkeit oder Bindegewebe gefüllte Hohlräume im Knochen, die sich häufig in am Knochenende in der Nähe der Knorpelschicht befinden. Sie werden häufig erst bemerkt, wenn das Pferd lahmt und daher eine Röntgenaufnahme gemacht wird. Knochenzysten weisen auf eine Schwäche des Knochens hin und können verschiedene Ursachen haben. Dazu gehören Wachstumsstörungen, Risse im Knorpel durch Traumata, Durchblutungsstörungen durch Bewegungsmangel aber auch genetische Faktoren.
Durch Gerangel in der Herde, Stürze im Gelände, Unfälle beim Training oder Tritte durch andere Pferde kann es zu offenen oder gedeckten Gelenksverletzungen kommen. Hier ist sofort Erste Hilfe zu leisten und in den meisten Fällen auch ratsam, den Tierarzt hinzuzuziehen, um Knochenbrüche auszuschließen. Eine unversorgte oder unprofessionell versorgte Wunde kann sich schnell entzünden, Phlegmone kann entstehen.
Als Arthritis bezeichnet man eine Entzündung es Gelenks, die verschiedene Ursachen haben kann.
Typische Symptome einer Gelenkentzündung beim Pferd sind Lahmheiten, Schwellungen und Wärmeentwicklung im Gelenk.
Chronische Gelenkerkrankungen beim Pferd entwickeln sich schleichend und sind in der Regel nicht vollständig heilbar.
Die Versorgung und Funktionalität des Knorpelgewebes kann durch Stoffwechselstörungen, Ernährungsfehler, Mangel an Kollagen oder fortwährende Überbelastung durch genetische Faktoren gestört sein. Wenn der Knorpel nicht die erforderliche Gelenknahrung erhält, verändert sich seine Substanz, die Knorpelschicht nutzt sich ab, bis kein Knorpel mehr vorhanden ist. Rechtzeitig erkannt kann eine Knorpeldegeneration geheilt werden. Aus einer unbehandelten Knorpeldegeneration wird sich langfristig eine Arthrose entwickeln.
Zunächst handelt es sich bei der Arthrose um eine degenerative nicht-entzündliche Gelenksveränderung, in deren Verlauf sich die Knorpelsubstanz schleichend verändert, abnutzt und ganz verschwindet, bis schließlich Knochen an Knochen reibt. Da der Knorpel seine Funktion als Stoßdämpfer nicht mehr wahrnehmen kann, verursacht jede Bewegung des entsprechenden Gelenks Schmerzen. Der Knochen versucht sich zu schützen, indem er Spitzen und Verdickungen bildet, die aber zu einer Versteifung des Gelenks (Ankylose) führen. Von Arthrose betroffenen Pferden zeigen am Anfang der Bewegung Lahmheitssymptome, die nach einer Einlaufphase dann nachlassen. Eine fortschreitende Arthrose ist immer mit irreversiblen Gelenkschäden verbunden und meist auch mit entzündlichen Prozessen.
Spat nennt man die Arthrose des Sprunggelenks, die durch falsche Belastung, Fehler beim Beschlag, Verletzungen, Trainingsfehler und eventuell auch durch Vererbung verursacht wird. Auch Mangelernährung während der Aufzucht kann Störungen des Knochenbaus auslösen. Erste Symptome von Spat beim Pferd sind leichte Lahmheiten, die nach einer unterschiedlich langen Einlaufzeit nachlassen. Mit der Zeit bildet das Sprunggelenk sogenannte Exostosen, die auf der Innenseite als Beulen sichtbar werden. Man bezeichnet diese Knochenwucherungen auch Spatbeulen. Spat bei Pferden ist eine schubweise Erkrankung, in deren Verlauf es abwechselnd schmerzfreie und sehr schmerzhafte Phasen gibt. Die Beweglichkeit nimmt immer weiter ab, die Schrittlänge verkürzt sich und die Pferde nehmen Schonhaltungen ein. Es kann vorkommen, dass von Spat betroffene Pferde nur ungern den Fuß geben.
Die Arthrose der Zehengelenke (Röhrbein, Fesselbein, Kronbein, Hufbein) nennt man beim Pferd Schale. Es handelt sich dabei um Knochenwucherungen als Folge von Knochenhautreizungen z. B. durch Brüche, Entzündungen, Huftritte, Schlagen oder Prellungen. Schale kann an allen Beinen auftreten, am häufigsten bekommen Pferde Schale an den Vorderbeinen. Schale führt im chronischen Verlauf zu äußerlich sichtbaren Knochenwucherungen. Unter Schale leidende Pferde nehmen Entlastungshaltungen ein, um die auftretenden Schmerzen zu vermindern. Sie erkennen Schale bei Ihrem Pferd an Lahmheiten, Kopfnicken, Trachtenfußung und klammem Gang. Auch können Schwellungen an den Gelenken vorkommen.
Irrtümlicherweise wird die Entzündung der Hufrolle sehr häufig als Hufrolle abgekürzt. Gemeint ist jedoch das Hufrollen-Syndrom, wissenschaftlich Podotrochlose genannt. Bei dieser Erkrankung handelt es sich um eine Kombination aus Abnutzung und Infektion der Hufrolle. Während man früher von einer reinen Infektion ausging, weiß man heute, dass die Hufrollenentzündung des Pferdes degenerative Ursachen hat. Im Verlauf der Erkrankung bildet sich Knochensubstanz im Strahlbein zurück und es kommt zu nekrotischen Gewebsveränderungen durch die schlechte Durchblutung. Das Strahlbein kann löchrig und brüchig werden. Mögliche Ursachen sind:
Geht das Pferd klamm, verweigert Hindernisse, neigt zum Stolpern und wirkt arbeitsunwillig oder zeigt auffälliges Kopfnicken, können dies Hinweise auf eine Podotrochlose sein. Unumgänglich ist auch hier der Gang zum Tierarzt. Neben einer Behandlung der Entzündung benötigen betroffene Pferde einen speziellen Beschlag und müssen schonend gearbeitet werden. Harte Böden sollten vermieden werden. Auch eine spezielle Futterergänzung ist sinnvoll.
Beachte:
Interessanterweise kommt die Podotrochlose bei Wildpferden nicht vor. Daher liegt es nahe, dass sie Erkrankung eine typische Zivilisationskrankheit bei Pferden ist und mit der Art der Nutzung als Reit- und Arbeitstier durch den Menschen zusammenhängt.
Durch den Gelenkverschleiß und damit verbundenen Knorpelschwund und fehlende Synovia wird das betroffene Gelenk in seiner Funktion eingeschränkt und versteift. Da Knochen an Knochen reibt, hat das Pferd Schmerzen und lahmt. Typisch ist daher bei an Arthrose erkrankten Pferden das Einlaufen. Holt man das Pferd aus der Box, lahmt es anfangs noch stärker, nach der Einlaufphase lässt die Lahmheit nach und das Pferd bewegt sich relativ normal. Pferde mit Arthrose nehmen Schonhaltungen ein, vermeiden Wenden und Stoppen.
Wie wir gelernt haben, liegt die Ursache von Gelenksproblemen bei Pferden häufig an Fehlern im Fohlenalter. Daher ist es wichtig, von Anfang die Weichen richtig zu stellen.
Da es sich bei der Arthrose um eine Degeneration der Gelenke handelt, die sich über eine lange Zeit entwickelt und erst bei fortgeschrittener Erkrankung deutliche Symptome zeigt, ist eine vollständige Heilung nicht möglich, da der Verschleiß des Gelenks nicht rückgängig zu machen ist. Je früher die Arthrose diagnostiziert und therapiert wird, umso größer sind die Chancen, die bereits vorhandenen Symptome erfolgreich zu behandeln und dem Pferd ein lebenswertes Leben zu ermöglichen. Die Behandlung der Arthrose soll die fortschreitende Gelenksabnutzung stoppen, die Schmerzen stillen und eine gute Lebensqualität des Pferdes erhalten.
Auch wenn die Arthrose beim Pferd nicht geheilt werden kann, bedeutet sie kein Todesurteil. Viele Pferde, die bereits eingeschläfert werden sollten, konnten durch ganzheitliche Therapie und Geduld und Liebe noch viele Jahre ein glückliches Pferdeleben genießen. Es gibt viele Alternativen zum Reiten, die ein inniges Miteinander zwischen Pferd und Mensch ermöglichen.
Obwohl die Neigung, eine Arthrose zu bekommen nach heutigem Wissensstand nicht vererbt wird, stellt der Deckakt für an Arthrose erkrankte Stuten und Hengste eine erhebliche Belastung dar. Der Aufsprung kann starke Schmerzen auslösen, so dass entweder der Hengst die Lust verliert oder die Stute den Hengst möglicherweise abwehrt. Das kann unter Umständen schwere Verletzungen zur Folge haben. Auch ist eine Trächtigkeit eine starke zusätzliche Belastung für die Stute. Überlegen Sie sehr gut, ob Sie das Ihrem Pferd zumuten wollen.
Große sportliche Herausforderungen sind bei Arthrose zu vermeiden, während regelmäßige ausgleichende Bewegung die Gelenke beweglich erhält und für eine gute Durchblutung und Schmierung der Gelenke sorgt.
Bei Arthrose-Pferden ist das richtige Phosphor-Calcium-Verhältnis besonders wichtig, da Calcium einer der essentiellen Bausteine der Knochen ist. Zu wenig Calcium kann die Knochensubstanz brüchig werden lassen. Neben reichlich Heu und etwas Stroh sollten Sie Ihrem Pferd Kraftfutter im richtigen Verhältnis zu der tatsächlichen Bewegung Ihres Pferdes geben, um Übergewicht zu vermeiden. Mais, Getreidekleie und junges Gras enthalten viel Phosphor und sind ungünstig bei Arthrose. Besser sind älteres Gras, Käuter, Luzerne und calciumreiche Ergänzungsfuttermittel für Arthrosepferde.
Viele spezielle Futtermittel für Arthrose enthalten wegen ihrer entzündungshemmenden Wirkung Teufelskralle und Ingwer. Sensible Pferde vertragen diese Wurzeln häufig nicht, da sie die Magenschleimhaut angreifen können. Außerdem schmecken sie wegen der Bitterstoffe vielen Pferden nicht. Im Zweifelsfall fragen Sie Ihren Tierarzt oder Tierheilpraktiker. Hilfreich sind Pflanzen mit einem hohen Siliciumgehalt wie zum Beispiel Braunhirse und Zinnkraut (Ackerschachtelhalm), da der Körper viel Silicium benötigt, um Knorpelgewebe aufzubauen. Entzündungshemmende Antioxidantien wie in Oregano und Kurkuma sind bekannt für ihre positive Wirkung auf die Gelenke. Schmerzlindernd kann sich Weidenrinde und Hagebutte auswirken.